Wohnungseigentumsrecht Vergleichsangebote: „Drei Vergleichsangebote bei Vorauswahl durch Beirat und Verwalter notwendig?“
Immer wieder Neues zu den 3 Vergleichsangeboten im Wohnungseigentum
„Drei Vergleichsangebote sind entbehrlich, wenn der Preisspiegel eines Architekten vorliegt und Beirat sowie Verwalter aus den vorliegenden Vergleichsangeboten eine Auswahl vornehmen“. AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 15.04.2020 – 539 C 16/18
Das Problem:
In der Versammlung beschließen die Eigentümer, einen Architekten zu beauftragen, über die unbestritten notwendige Sanierung des 1956 errichteten Daches einen Vergabevorschlag mit Kostenaufstellung zu unterbreiten. In einer Folgeversammlung beschließen die Wohnungseigentümer über die konkrete Ausführung nebst Finanzierung. Auf der Versammlung lagen nur 3 von mehreren Vergleichsangeboten vorliegend. Mit der Einladung ist allen Eigentümern ein Preisspiegel des Architekten versandt worden. Die Eigentümer folgen der Empfehlung des Architekten und des Beirats für eine von diesen favorisierte Ausführung. Dagegen geht der Kläger vor.
Die Entscheidung des AG Hamburg-Blankenese (Anm: Das AG Hamburg-Blankenese ist für dessen fundierte WEG-Rechtsprechung deutschlandweit bekannt):
Der Beschluss entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung. Die Notwendigkeit der Sanierung war unbestritten. Die Entscheidung der Gemeinschaft ist auch durch einen Preisspiegel und einer Vorauswahl durch den Beirat und den Architekten ausreichend vorbereitet. Das vermeintliche Gebot der 3 Vergleichsangebote sei ohnehin abzulehnen, weil die Wohnungseigentümer – anders als im öffentlichen Vergaberecht – ohnehin nicht verpflichtet sind, das billigste oder preisgünstigste Angebot anzunehmen.
Praxis-Tipp:
Die Entscheidung macht die Schwierigkeit anschaulich, komplexe Bauvorhaben und ihre Finanzierung für eine Entscheidung der Gemeinschaft so vorzubereiten, dass die Wohnungseigentümer einerseits ausreichend informiert sind und andererseits eine Entscheidung nicht an Detailaspekten scheitert. Die Entscheidungsfindung widerspricht nicht allein deshalb ordnungsgemäßer Verwaltung, weil drei direkt vergleichbare Angebote nicht vorlagen. Entscheidungen über die fachgerechte Sanierung erfordern fachlichen Rat, also die Hinzuziehung eines Architekten oder Bauingenieurs, der Lösungsalternativen und voraussichtliche Kosten ermittelt. Bei Vergleichsangeboten bestehen Probleme: Diese müssen die gleiche Lösungsmöglichkeit betreffen. Stellen Vergleichsangebote verschiedene Lösungsmöglichkeiten vor, ergibt sich aus ihnen gerade nicht, wer das preisgünstigste Angebot abgegeben hat. Schließlich: Welcher Handwerker macht sich kostenlos die Mühe, umfangreiche Angebote für einen „schwierigen“ Auftraggeber wie Eigentümergemeinschaften (Zitat VorsRiLG Dr. Johannes Hogenschurz, Köln) mit dem Wunsch nach Kostenobergrenzen vorzulegen?
@martinmetzger
Fachreferent
Mitglied im Autorenteam Elzer-Fritsch-Meier, WEG III. Auflage 2018
Vorstandsmitglied BVI (Verband der Immobilienfachverwalter Deutschland)
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