Elektromobilität
Warum kompliziert? KFW-Zuschuss beantragen, kaufen und einbauen. Fertig.
Vorbemerkung
Seit 01.12.2020 ist das neue WEG gültig. Dieses wurde von Grund auf verändert. Im Besonderen gibt es jetzt die sogenannten privilegierten baulichen Veränderungen. Diese sind:
1) Maßnahmen zur Barrierefreiheit
2) Maßnahmen zum Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge
3) Maßnahmen zum Einbruchschutz
4) Anschlüsse an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität
Diese privilegierten baulichen Veränderungen kann jeder Eigentümer (und dessen Mieter für die baulichen Veränderungen gem. 1 bis 3) verlangen.
Gleichzeitig stellt der Gesetzgeber fest, dass die Kosten dieser vorbezeichneten Maßnahmen nur der Wohnungseigentümer zu tragen hat, der diese beantragt. Ungeachtet des Anspruchs ist daher beschlussweise die mit dem Umbau sowohl als auch in Zukunft entstehende Kostenverteilung festzulegen.
Das Problem am Beispiel „Installation einer Wallbox“
1) In Bestandsimmobilien ist das Elektroverteilnetz regelmäßig nicht für die erhöhte Stromabnahme zur Belieferung von mehreren elektrobetriebenen Fahrzeugen ausgelegt.
2) Zwar wird der Anschluss von einem oder wenigen Fahrzeugen möglich sein, das Verteilnetz ist jedoch begrenzt.
3) Je nach Anzahl der angeschlossenen Fahrzeuge ist die Belastung der Stromverteilung (sog. Lastenmanagement) zu berechnen.
4) Die Eigentümergemeinschaft wird also die Aufgaben und damit verbunden die Kosten zu den anschlusswilligen Eigentümer*innen übertragen.
5) Die Installationskosten sind zu definieren (Umbau Stromverteilung; Leitungsverlegung; Kosten Hardware; etc.) – diese belasten den beantragenden Eigentümer.
6) Die laufenden Kosten sind zu definieren (Wartung Hardware; ggf. Mietkosten; Verbrauch; Reparaturen; etc.)
7) Es entstehen neue Kosten- und Nutzergruppen – im Beispielsfall die Betreibergemeinschaft „Elektrofahrzeuge“, die dauerhaft Einzug in das Abrechnungswerk der Wohnungseigentümergemeinschaft hält. In der Folge entsteht ein organisatorischer und buchhalterischer Mehraufwand.
8) Diese Betreiber- oder Nutzergruppen regeln intern die zukünftige Kostenverteilung.
9) Die herrschende juristische Meinung sieht hierfür einen Aufwandsausgleich des Immobilienfachverwalters vor. Neben der Bildung weiterer Rücklagen für die differenten Betreiber-/Nutzergemeinschaften sind neue Kostenschlüssel mit dynamischen Umlageschlüsseln zu gestalten.
Lösungsansätze
a) Der Gestattungsbeschluss (empfohlen für kleine Tiefgaragen)
Hier gestattet die Gemeinschaft die Schaffung einer Ladeinfrastruktur. Vorab hat sich die Gemeinschaft damit zu befassen. Der Antragsteller ist in der Bringschuld, was Typ, Verlegeart und Ausführung sowie Abrechnung betrifft. Dies ist vorab der Verwaltung detailliert mitzuteilen. Die Gemeinschaft gibt dann den Weg vor und gestattet. Dabei legt sie auch fest, dass sie jederzeit berechtigt ist, spätere Beschlüsse zu z.B. weiterer Planung oder Beauftragung eines Lastenmanagements offenhält und damit einen neuen Abrechnungskreis zu schaffen.
Die Gemeinschaft zieht die Schaffung der Ladeinfrastruktur an sich. Sie veranlasst eine vorausschauende Planung, organisiert ein Lastenmanagement und investiert im Ergebnis der Planung in die Infrastruktur Elektroverteilung bis zum Abzweig der Leitung in das Sondereigentum. Ab dem Abzweig ist der Antragsteller direkt für die Kosten der Leitungsverlegung und der Wall-Box verantwortlich.
Die Kostenverteilung hierfür legt die Gemeinschaft verbindlich fest. Regelmäßig werden diese die anschlusswilligen Eigentümer gemeinsam tragen. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, dass die Gemeinschaft fachgerechte Ausführung und spätere Ertüchtigung bereits heute sicherstellt. Außerdem ist die „Nachzüglerproblematik“ (andere Eigentümer begehren später ebenfalls den Anschluss an eine Ladeinfrastruktur) einigermaßen verständlich zu lösen.
Das Verfahren ist allerdings aufwendig: Es entstehen neue Abrechnungskreise und der Mehraufwand für die Hausverwaltung ist nicht zu unterschätzen – wofür diese regelmäßig zusätzlich entlohnt wird.
c) Die Mietlösung
Bei dieser Lösung entscheidet sich die Gemeinschaft für einen Anbieter – z.B. die kommunalen Stadtwerke. Sie gestattet den Stadtwerken, die Infrastruktur komplett zu schaffen und laufend zu ertüchtigen. Die Antragsteller werden Mieter oder Käufer und rechnen direkt mit dem Anbieter ab. Ähnlich einem Leasingmodell. Die Gemeinschaft hat dadurch keinen Aufwand und es entstehen keine Abrechnungskreise.
Erste Erkenntnisse aus der Praxis
- Die Betankung von Fahrzeugen mit Strom in der Tiefgarage ist ungleich teurer als die Betankung an öffentlichen Ladestationen.
- Die Schaffung einer Ladeinfrastrukur in einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist eine dauerhafte Investition. Keinesfalls ist diese mit einmaligem Aufwand verbunden.
- Die Schaffung einer Ladeinfrastruktur ist einer breiten Gestaltung durch die Gemeinschaft eröffnet worden. Das birgt Konflikte. „Auf nähere gesetzliche Bestimmungen hat der Gesetzgeber „aufgrund der Vielgestaltigkeit der denkbaren Fälle“ verzichtet; das wird schnell ein Tummelplatz für nicht immer lösungsorientiert denkende Zeitgenossen werden.“ (Dötsch, RiLG Köln, ZWE 2020, 215)
Der politische Wille ist erkannt – mit den Tücken der Umsetzung innerhalb der Eigentümergemeinschaft aber wurde sich ungenügend auseinandergesetzt. Übrig bleibt ein abermals konfliktbehaftetes Feld innerhalb der WEG-Verwaltung.
©martinmetzger
Fach-Referent
Mitglied im Autorenteam Elzer-Fritsch-Meier, WEG III. Auflage 2018
Vorstandsmitglied BVI (Verband der Immobilienfachverwalter Deutschland)
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