Wohnungseigentumsrecht Zweckbestimmung: „Hat eine Eigentümergemeinschaft direkte Abwehrmöglichkeiten auch gegen Mieter?
Zweckbestimmung: „Der Mieter nutzt seine Einheit entgegen der Zweckbestimmung!“
„1. Die Wohnungseigentümer haben geben den Mieter einer Sondereigentumseinheit, der bei der Nutzung des Gemeinschaftseigentums gegen eine von den Eigentümern vereinbarte oder beschlossene Gebrauchsregelung verstößt, einen Unterlassungsanspruch aus § 1004 I BGB. 2. Die Wohnungseigentümer haben gegen den Mieter einer Wohnungs- oder Teileigentumseinheit im Falle einer Nutzung, die der in der Teilungserklärung für diese Einheit getroffenen Zweckbestimmung widerspricht, einen Unterlassungsanspruch aus § 1004 I BGB. Auszugsweise aus BGH, Urteil vom 25.10.2019 – V ZR 271/18
Das Problem:
Innerhalb einer Eigentümergemeinschaft sind regelmäßig nur die Miteigentümer an die getroffenen Regelungen gebunden. Das Problem ergibt sich schon aus der Hausordnung und zieht sich durch das komplette Zusammenleben in der Gemeinschaft. Es taucht vor allem immer dann auf, wenn Mieter im Rahmen des Vertragsverhältnisses mit dem Eigentümer eine Nutzung vereinbaren, die den Regeln der Eigentümer widerspricht. Daher galt es zu klären – kann die Gemeinschaft direkt gegen Dritte Abwehransprüche geltend machen? Im vorliegenden Fall nutzte der Mieter die Räume als Eisdiele, obwohl die Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung als Nutzung einen „Laden“ beschrieb.
Die Entscheidung des BGH:
Zieht die Gemeinschaft die Abwehransprüche per Beschluss an sich, ist das rechtmäßig. Würde nämlich ein solches direktes Abwehrrecht nicht möglich sein, könnte praktisch der Sondereigentümer durch die Vermietung seine Gebrauchsbefugnis erweitern. Eine Umgehung der in der Gemeinschaft getroffenen Vereinbarungen/Beschlüsse wäre so möglich. Im Fazit galt es demnach zu entscheiden, ob die Nutzung als „Laden“ den Betrieb einer Eisdiele rechtfertigt. Das verneint der BGH und gibt der Klage auf Unterlassung statt.
Praxis-Tipp:
Die Sondereigentümer einer Eigentümergemeinschaft sind gut beraten, bei Abschlüssen von Miet- oder Pachtverträgen für deren Wohn- oder Teileigentum die in der Gemeinschaft getroffenen Vereinbarungen zu kennen. Um diese dann verbindlich im Vertrag mit dem Nutzer zu regeln. Gerade bei gewerblichen Pacht-Verträgen ist die Investition in die Vorabrecherche, idealerweise durch den Fachanwalt, gut investiertes Geld. Kommt es nämlich zur Abwehrklage (bisher regelmäßig gegen den vermietenden Eigentümer), befindet sich der Vermieter in einem Dilemma. Berechtigte Ansprüche der Gemeinschaft müsste er gegen den Mieter durchsetzen. Ein kostenintensiver und zeitaufwendiger Prozess, der im Vorfeld vermieden werden kann.
@martinmetzger
Fach-Referent
Mitglied im Autorenteam Elzer-Fritsch-Meier, WEG III. Auflage 2018
Vorstandsmitglied BVI (Verband der Immobilienfachverwalter Deutschland)
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